Ein Abmahn-Disclaimer, der auf einer Webseite kostenpflichtigen Abmahnungen ohne vorherigen Kontakt widerspricht, ist zwar nicht rechtswidrig. Er birgt jedoch Gefahren, falls der Verwender selbst Wettbewerber ohne Vorabkontakt abmahnen möchte, denn dies wäre widersprüchlich und verstieße gegen den Treu-und-Glauben-Grundsatz des Bürgerlichen Gesetzbuches. Darauf wies das Oberlandesgericht Hamm in einem unlängst erlassenen Urteil hin.
Der vorangegangene Rechtsstreit
Im Fall, den das OLG Hamm in letzter Instanz entschied, stritten sich zwei Personalvermittler für Pflegekräfte. Die Klägerin betreibt eine Webseite, auf der ein Disclaimer alle Wettbewerber darauf hinweist, dass man Abmahnungen ohne den vorherigen Versuch einer Kontaktaufnahme nicht tolerieren und daher die Kosten für die gegnerische Seite nicht tragen werde. Üblicherweise übernimmt die Partei, die sich einer Abmahnung unterwirft, die Gerichts- und gegnerische Anwaltskosten, in der Regel summarisch rund 250 Euro. Die Klägerin teilt in ihrem Disclaimer sinngemäß mit, dass man wünsche, Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden und durchaus bereit sei, etwaige Unstimmigkeiten auf der eigenen Webseite nach Hinweisen durch Wettbewerber (oder auch Verbraucherschützer) zu bereinigen. Man werde solchen Hinweisen nachgehen und gegebenenfalls Verbesserungen vornehmen.
Eine sofortige anwaltliche Abmahnung ohne diese Hinweise widerspreche der Schadensminderungspflicht im Zivilrechtsverkehr, man werde daher hierfür keinerlei Kosten übernehmen und weise daher die Abmahnung zurück. Trotz des eigenen Hinweises mahnte die Klägerin jedoch einen Mitbewerber ab, ohne ihn zu kontaktieren. Dieser gab daraufhin zwar die geforderte Unterlassungserklärung ab, verweigerte aber seinerseits hierfür die Kostenübernahme mit Verweis auf den Disclaimer der Klägerin, die daraufhin vor das Landgericht Bielefeld und unterlag. Die Klägerin ging nun in Berufung, der Fall wurde vor dem OLG Hamm verhandelt.
Entscheidung aus Hamm
Das OLG Hamm bestätigte im Urteil I-4 U 169/11 vom 31. Januar 2012 die Bielefelder Entscheidung und gaben dem abgemahnten Mitbewerber Recht. Als Begründung stützten sich die OLG-Richter vor allem auf den § 242 BGB („Treu und Glauben“). Die Klägerin könne eine Erstattung für ihre Abmahnung verlangen, vor der sie ihren Wettbewerber nicht kontaktiert hatte, denn sie selbst weise auf ihrer Webseite auf die Schadensminderungspflicht hin, an die sie sich im konkreten Fall persönlich nicht gehalten hatte.
Wenn sie solche Forderungen formuliere, binde sie sich selbst daran, alles andere sei ein widersprüchliches Verhalten, mithin nach § 242 BGB unglaubwürdig und nicht durch ein gerichtliches Geltendmachen von Schadensersatzforderungen zu manifestieren. Darum handelt es sich praktisch, wenn sich Wettbewerber gegenseitig abmahnen und der Abgemahnte hierfür die Kosten übernehmen muss. Die Problematik sollte Webseitenbetreiber bewegen, ihre Internetauftritte von erfahrenen Anwälten überprüfen zu lassen.